Nummer 17 der „Blätter für Öffentliches Recht“ zum downloaden

In typischen Beschreibungen der bosnischen Behördenlandschaft werden oft Begriffe wie “unprofessionell”, “korrupt”, “ineffizient” und “politisiert” genannt. Das Zentrum für humane Politik hat bei seinen Erhebungen im Jahr 2010 mit genau diesen Begriffen die Erfahrungen der Bürgerinnen und Bürger von BuH mit der öffentlichen Verwaltung zusammengefasst. Die Strategie für die Reform der öffentlichen Verwaltung wurde im Jahr 2006 verabschiedet und enthielt — als kurz- und langfristiges Ziel — die Reform aller Bereiche des Verwaltungsgeschehens, von der Auswahl der Mitarbeiter, über das Verwaltungsverfahren und die Schaffung von Regelungen für die Übernahme des EU-Acquis bis zum Erreichen der EU-Standards. Die Reform hätte in diesem Jahr abgeschlossen werden sollen. Die Arbeiten in dieser Ausgabe (Maslo, Bovan, Pobrić) analysieren die projektierten Ziele und die Ergebnisse. Sie zeigen, dass dieses gut gemeinte Vorhaben gescheitert ist. Die öffentliche Verwaltung ist weitgehend auf dem Niveau des bisherigen Systems, und zwar als Dienstleistung der politischen Parteien, geblieben. Sie schadet in dieser Eigenschaft dem Ansehen des Staates sowie den Menschen und Institutionen, die durch ihre Arbeit betroffen sind.

Die wahren Folgen dieser Schäden können anhand des Verwaltungsverfahrens illustriert werden. Die zwei Gutachten, mit welchen diese Ausgabe beginnt (Pobrić, Akšamija), weisen auf diese Problematik hin: Es geht nicht nur um die Klärung einer Rechtsfrage, nämlich der Anerkennung der Parteilegitimation im Verwaltungsverfahren vor den Behörden des Kantons Una-Sana, sondern auch um die Fachkompetenz der Verwaltungsorgane und Verwaltungsdienste. Das Problem der fehlenden Fachkompetenz und der allgemeinen Rechtsbildung der Sachbearbeiter und der Behördenleiter ist nach meinem Dafürhalten das massivste Problem der öffentlichen Verwaltung. In Anbetracht dessen, dass der öffentlichen Verwaltung bei der Lösung von konkreten Anliegen breite Missbrauchs möglichkeiten des Verwaltungsverfahrens offen stehen, lassen sich die Facetten des Problems besser verstehen. Wenn man diesen Möglichkeiten dann nicht ausreichend geschulte Juristen und politische Interessen hinzufügt, bekommt man ein Phänomen, dass die Bürgerinnen und Bürger unter dem Ausdruck “unprofessionelle und politisierte Verwaltung” kennen.

In welchem Verhältnis stehen nun die Reform der öffentlichen Verwaltung und die Gutachten aus dieser Ausgabe? Da die untersuchten Fälle im Zusammenhang mit der Anwendung von Baurecht stehen, zeigen sie, dass Fehler bei der Auslegung und Anwendung von Verwaltungsrechtsvorschriften ihre Wurzeln in der systematischen Auslegung des Verwaltungsrechts haben. Alles wird durch das Wissen über das gesamte Rechtssystem und die Anwendung der Vorschriften im Einzelfall bedingt. Grobe Versäumnisse einzelner verfassungsrechtlicher Garantien oder verwaltungsrechtlicher Institute und gesetzlich gewährleisteter Prinzipien weisen auf eine grundlegende Unwissenheit hin. Dies bringt uns zur Frage, inwieweit sich unter der Ägide einer gesetzmäßigen Verwaltung die unprofessionelle Arbeit der Verwaltungsbehörden des Kantons Una-Sana in ein Modell des Ausspielens von Verwaltungsvorschriften institutionalisieren lässt, aber auch zu der Frage, die mich interessiert: Wie kann die Reform der öffentlichen Verwaltung in einem System durchgeführt werden, das schlecht ausgebildete Juristen integriert hat? Wie können Mitarbeiter “reformiert” werden, die nicht mit verwaltungsrechtlichen Vorschriften vertraut sind und ihre Beziehung zum Staatsrecht nicht kennen?

Wir werden nie wissen, ob das Problem der Ausdruck eines Systems ist, das Inkompetenz begünstigt, ob es sich um eine Besonderheit eines Kantons handelt und ob es eine versteckte Bedeutung in der gegenseitigen Erleichterung der “Bau-Mafia”, der gesetzgeberischen und der Verwaltungsstrukturen gibt. Aber jeder von uns kann herausfinden, wie viel elementare Unwissenheit in den Entscheidungen der Behörden der Stadt verwaltung und Ministerien steckt, die nach ihren Beschwerden behandelt werden — die Gutachten in dieser Ausgabe sind hervorragende Abbildungen und der Beweis, dass es notwendig ist, das Wissen der Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung zu reformieren. Die Bilanz dieser Gutachten legt den Schluss nahe, dass die Reform der öffentlichen Verwaltung unter der Annahme, dass die bestehenden Strukturen in den Verwaltungsabteilungen behalten werden, nicht möglich ist. Eine erfolgreiche Reform muss mit Entlassungen und Neueinstellungen operieren, die von einem einzigen Kriterium getragen sind: positivem Wissen und bewährtem Know-how. Ohne dieses Kriterium ist jede Reform schon im Voraus eine Verlorene.

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