Nummer 32 der „Blätter für Öffentliches Recht“ zum downloaden

Die Stiftung Kompetenzzentrum für Öffentliches Recht veröffentlichte kürzlich die Analyse der Beschlüsse des Hohen Justizrates (HJR) zu den Informationen des „Zentrums für die Untersuchung von Kriegsverbrechen und die Suche nach vermissten Personen der RS“. Analysiert wurden die Bedingungen für die Verabschiedung, die Gründe und das Verfahren der Initiierung dieser Beschlüsse sowie die Rolle des Präsidenten des HJR Milan Tegeltija. Daraus wurde ersichtlich, dass der amtierende Präsident des HJR dem direkten Einfluss der politischen Führung der RS untersteht und ihre politischen Entscheidungen und Pläne umsetzt.

Es ist sein Verdienst, dass die höchste Justizbehörde in die Fänge der nationalistischen Politik der RS geraten ist. Er erfüllt in seiner praktischen Arbeit und Aktivität nicht die gesetzlichen Anforderungen, sondern vielmehr die Ansprüche der politischen Strukturen der RS. Die Analyse zeigt weiterhin, dass der Präsident des HJR an der Diskreditierung und Delegitimierung des Gerichtes und der Staatsanwaltschaft von BuH sowie an der Spaltung der Justiz entlang der Entitäts- und ethnischen Linie arbeitet. Es wurde vorgeschlagen, dass gem. Art. 6 des Gesetzes über den HJR einer der verfügbaren Mechanismen für die Beendigung seines Mandats im HJR eingeleitet wird. Sein Verbleib am selben Posten, so die Prognose, wird die unzulängliche Arbeit der meisten Mitglieder des Hohen Justizrates beeinflussen und den Zusammenbruch der erreichten Standards der Unabhängigkeit der bosnisch-herzgowinischen Gerichte erheblich beeinträchtigen.

Die Wahlen des Richtervertreters aus Republika Srpska im HJR sind am 4. Juni 2018 abgeschlossen worden. Abgestimmt haben die Richter der Kreisgerichte, des Obersten Wirtschaftsgerichts, der Amtsgerichte und Kreiswirtschaftsgerichte. Milan Tegeltija bekam 258 von insgesamt 321 abgegebenen Stimmen (Quelle: N 1). In dem Wahlverfahren gab es noch zwei Konkurrenten, nämlich Richter ohne professionelles Ansehen und tatsächlichen Einfluss: Milan Blagojević (60 Stimmen) und Luka Borovčanin (12 Stimmen). Diese spielten ihre Rollen in einer prozeduralen Tragikomödie. Tegeltija gab sich zufrieden: “Ein solcher Sieg in allen 33 Wahleinheiten bzw. Gerichten macht mich außerordentlich stolz und bestätigt alles, was ich und der HJR in einer sehr schwierigen Situation, befrachtet mit Verschwörungstheorien und Negierungen in den letzten vier Jahren, gemacht haben“ (Quelle: Srpskainfo).

Was haben wir nun nach dieser Wahl? Auf der offiziellen Internetseite des HJR wurde bereits Anfangs Juni 2018, also fast einen Monat vor der formalen Wahl des HJR-Präsidenten für das Mandat 2018-2022 und ein paar Tage nach der Mitgliedschaftswahl des HJR, veröffentlicht, dass Tegeltija bis Juli 2022 sein Mandat wahrnehmen wird. Diese Bekundung liest sich als Proklamierung der Mandatsverlängerung des HJR-Präsidenten. Eine falsche Lesart oder eine präzise Prognose? Richtig ist, dass Tegeltija schon jetzt für sich eine Verlängerung des Präsidentenmandats in Anspruch nehmen kann! Damit ist, so scheint es, noch ein Kapitel der beispiellosen Ignoranz von Fakten und Argumenten abgeschlossen. Inkompetenz, rechtsverstoßendes Verhalten und die Kraft manipulativen Talents werden somit in den nächsten vier Jahren das Schutzzeichen von Richtern – diese sollen nun auch stolz sein! – aus Republika Srpska in dem HJR sein. Und das ist noch nicht alles, erst hier fängt die Tragödie an: Die Proklamierung zum Präsident des HJR vor den offiziellen Wahlen macht aus der Tegeltija-Mehrheit im HJR eine Clown-Mehrheit, die bald in der Lage sein wird, das gesamte Richterwesen in freiwillige Vollstrecker im Dienste des HJR-Präsidenten zu transformieren.

Wie war es mit dem Richterstolz: Stolz sein oder stille Wut und ein Gefühl großer Leere?

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